Newsletter 2/2023


Newsletter Nr. 2/2023 - Die toxische Seite der Solarpanels

Man ist sich in der Schweiz einig, dass die Rettung des Weltklimas eine Gesamtaufgabe aller Länder ist und auch die Schweiz ihren Beitrag dazu leisten muss. Das Volk hat allerdings in einer Abstimmung verfügt, dass hierzulande die Kernkraft nicht mehr ausgebaut werden darf. Hilfe versrpcht der Ausbau der Wasserkraft und die Fotovoltaik. Neu sollen auch Windräder einen nennensweren Beitrag zur Stromsicherheit liefern. 2020 gab es in unserem Land knapp 40 Grossanlagen, die insgesamt rund 140 Gigawattstunden Windstrom produzierten. Würde das volle Potenzial ausgeschöpft, müssten in den kommenden Jahren rund 3000 Windräder in der ganzen Schweiz gebaut werden. Das Bundesamt für Energie rechnet jedoch vor, dass sich die Stromversorgung bereits mit zusätzlich rund 1'000 Windrädern entscheidend verbessern würde. Ob Windräder eine Verunstaltung der Landschaft oder moderne Kunstinstatallationen sind ist heftig umstritten. Aber Rettung für den wachsenden Strom bedarf kann wohl auch die Windkraft allein nicht liefern, der Widerstand in den Gemeinden wird gross sein, wenn die Riesenpropeller in der nahen Umgebung aufgestellt werden sollen.

Da trifft es sich gut, dass Walter Rüegg, ein Kern- und Teilchenphysiker, die Fotovoltaik in den Gesamrahmen stellt und zeigt, wie komplex der Ausbau der Fotovoltaik ist und wir noch längst nicht "gerettet" sind. Hier der NZZ-Artikel vom 31.1.2023. Er macht aufmerksam, dass Gas- und Kohleverbrauch 2022 Rekordwerte erreichten und weiter ausgebaut werden. Die Produktion von Solarmodulen ist toxisch, produziert giftige Schlämme, die nicht abgebaut werden können. Der Ersatz fossiler Energien ist ein gewaltiges Problem, das vermutlich auch mit einem Ausbau der Kernkraft erreicht werden muss. Heute sind weltweit 400 Kernkraftwerke im Betrieb, 55 im Bau und weitere 100 in Planung.

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Bei der Photovoltaik zeigen sich die Naturgesetze auf den ersten Blick sehr wohlwollend: Der Strom wird ohne bewegliche Teile, lautlos, sauber und mit erneuerbarer Primärenergie erzeugt. Faszinierend. Doch die Natur hat der Photovoltaik auch zwei Steine in den Weg gelegt: eine kleine Leistungsdichte und eine erratische Stromproduktion. Um gleich viel Strom zu erzeugen wie ein Kernkraftwerk, müssen wir die Sonnenenergie auf einer Fläche von 50 bis 100 Millionen Quadratmetern einfangen. Die Folge: ein Rohstoffbedarf, der je nach Material bis hundertmal höher liegt. Um das Problem des «Flatterstroms» zu umgehen, müssen bei ungenügender Stromproduktion Ersatzsysteme mit zusätzlichen Kosten, zusätzlichem Rohstoffbedarf und zusätzlichen COz-Emissionen einspringen. 

Ein kritisches Element ist Kupfer. Der Kupferbergbau erzeugt die grössten Mengen toxischer Abfälle auf diesem Planeten. Derzeit werden die weltweiten abbauwürdigen Kupfervorräte auf 870 Millionen Tonnen geschätzt. Der jährliche Kupferbedarf beträgt 28 Millionen, Recycling deckt heute etwa 30 Prozent davon ab. Um gleich viel Strom wie ein 1-Gigawatt-Kraftwerk zu produzieren, benötigt man in unseren Breiten eine Million PV-Dachanlagen zu 50 Quadratmeter, eine Million Wechselrichter und viele Millionen Meter Stromkabel. Dies alles braucht Kupfer, sehr viel Kupfer — etwa fünfzigmal mehr als bei einem Wasser- oder Kernkraftwerk.

Auf ein einzelnes Solarmodul entfallen gut 1 Kilogramm Kupfer — und etwa 200 Kilogramm Bergbauschlämme. Diese Schlämme, Tailings genannt, bestehen aus fein vermahltem Erz, aufgelöst in starken Säuren, Basen oder anderen Lösungsmitteln. Diese Brühe enthält viel Arsen, Cadmium, Quecksilber, Blei und andere Schwermetalle. Für die sichere Endlagerung von Milliarden Tonnen dieser Schlämme ist keine auch nur halbwegs sinnvolle Lösung in Sicht. Verglichen damit ist die Endlagerung hochradioaktiver Abfälle geradezu einfach. Die Mengen sind vergleichsweise winzig, weltweit etwa 1000 Kubikmeter netto, pro Jahr. Natürlich erzeugt auch der Uranbergbau Tailings, doch in wesentlich kleinerem Umfang. Zudem sind diese im Durchschnitt etwas weniger gefährlich, selbst bei Berücksichtigung der Radioaktivität. Auf jeden Fall schneidet die PV heute in den Ökobilanzen schlechter ab als die Kernkraft. Besonders erstaunlich: Vergleicht man die «solaren» Bergbauabfälle mit den nuklearen Abfällen, so zeigt eine einfache Abschätzung, dass die Giftmengen, umgerechnet auf den produzierten Strom, ähnlich gross sind — pro Gigawattstunde rund 50 000 tödliche Dosen. Der Unterschied: Nach einigen hundert Jahren sind in den strahlenden Abfällen nur noch 5'000 Giftdosen vorhanden, und sie zerfallen weiter.

Noch grössere Unterschiede bestehen bei der Lagerung der Abfälle: Die radioaktiven Substanzen befinden sich in wasserunlöslicher Keramik oder Glas, verpackt in dickwandige Stahlbehälter, streng überwacht. Später bringen wir sie viele hundert Meter unter die Erde — im eigenen Land. Oder — besser — wir benutzen sie als Brennstoff in dafür geeigneten Reaktoren und vernichten sie dabei weitgehend.

Die Bergbauschlämme hingegen werden selbst in Industrieländern meist in riesigen offenen Staubecken gelagert, teilweise auch direkt in Flüsse «entsorgt» — mehrheitlich in fernen Ländern. Kaum zu glauben: Etwa 1 Million Quadratkilometer wird heute von den Bergbauabfällen belegt, eine Fläche, die 24-mal so gross ist wie die Schweiz.

Die Verbrennung von über 15 Milliarden Tonnen fossiler Stoffe pro Jahr stellt eine mindestens ebenso schlimme und andauernde Belastung dar. In den nächsten Jahrzehnten müssen wir uns davon trennen. Eine Herkulesaufgabe: 80 Prozent des Weltenergieverbrauchs beruht heute auf fossilen Rohstoffen (Kohle, Gas und Öl). Wollen wir sie durch Strom aus PV und Windkraft ersetzen, müssen wir deren Beitrag am Weltenergieverbrauch dramatisch erhöhen, von heute 2 auf über 60 Prozent. Dies ist in den nächsten zwanzig bis dreissig Jahren völlig illusorisch. Kosten und Rohmaterialbedarf (Kupfer, Aluminium, Stahl, Nickel, Lithium und andere Stoffe) wären enorm. Denn zusätzlich muss man auch alle fossilen Maschinen und Anlagen durch elektrische ersetzen. Vor allem aber benötigt man eine Unmenge Ersatzsysteme (steuerbare Kraftwerke und/oder Speicher), um die vielen Produktionslücken und Winterlöcher zu stopfen.

Um Ressourcen und Finanzen zu schonen, sollten wir Solar- und Windanlagen nicht bei uns, sondern vorwiegend dort bauen, wo es Sonne und Wind in Hülle und Fülle gibt. Photovoltaik-Grossanlagen im Wüstengürtel benötigen (bei gleicher Stromerzeugung) kaum ein Drittel der Rohstoffe und kosten nur einen Bruchteil.

Da die Wasserkraft nicht unbeschränkt ausbaufähig ist, wird langfristig die Kernkraft dominieren. Doch diese erwacht erst langsam aus dem politisch verordneten Dornröschenschlaf der letzten vierzig Jahre. Sie benötigt zwanzig bis dreissig Jahre, um im wirklich grossen Massstab zur Verfügung zu stehen

Da wir weder die erneuerbaren Energien noch die Kernkraft rasch ausbauen können, müssen wir uns damit abfinden, dass in den nächsten zwanzig bis dreissig Jahren die fossilen Brenn- und Treibstoffe dominieren werden. Allen bisherigen 27 Klimakonferenzen und allen Energiewenden zum Trotz.

Gas- und Kohleverbrauch erreichten 2022 neue Rekordwerte. Ein Rückgang ist nicht in Sicht, im Gegenteil. Denn 476 Gigawatt Kohlekraftwerke und 859 Gigawatt Gaskraftwerke  sind im Bau oder in Planung (gemäss Global Energy Monitor, Stand Juli 2022), die meisten in Asien und Afrika. Dieser Zuwachs ist enorm, er entspricht fast der Hälfte des heutigen weltweiten Strombedarfs. Es bedeutet mehrere Milliarden Tonnen zusätzliche CO2-Emissinen pro Jahr und viel Feinstaub. Trotzdem ist dieser Ausbau dringend notwendig, es gilt, ein bis zwei Milliarden Menschen aus der Armut zu erlösen. Dadurch wird auch das Bevölkerungswachstum gebremst.

Der gewaltige Ausbau der fossilen Energien beruht auf der Zuverlässigkeit solcher Anlagen. Dieser Ausbau zeigt auch, dass mit vorwiegend Sonnen- und Windkraft ein Stromnetz nicht zuverlässig und wirtschaftlich betrieben werden kann. Und schon gar nicht in unserem sonnen- und windarmen Land mit einem grossen Winterloch. Die Welt wird nicht um einen grösseren Ausbau der Kernkraft herumkommen.

 

Walter Rüegg war an der ETH als Kern- und Teilchenphysiker tätig und arbeitete anschliessend in der ABB auf dem Gebiet der Energietechnik.

 


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