Newsletter 3/2023


Newsletter 3/2023 – Sieben Energie-Mythen unter der Lupe

Die Stiftung World Wide Fund for Nature (WWF) ist eine der grössten Umweltorganisationen der Welt. Seit 60 Jahren setzt sie sich für die Natur ein, will die Umwelt schützen und eine lebenswerte Zukunft für uns und nachfolgende Generationen gestalten. Der WWF hat folgende zentrale Fragen in der Energiediskussion beantwortet:

  • Können wir überhaupt noch mehr Energie sparen?
  • Schädigen Solaranlagen unsere Umwelt?
  • Sind E-Autos wirklich umweltfreundlich?
  • Können erneuerbare Energien unseren Strombedarf decken?
  • Geht die Energiewende nicht auf Kosten der Natur?  
  • Brauchen wir Gas als Übergangsenergie?
  • Schützt die Atomkraft unser Klima?

Der Text von Marie Seidel vom 02.03.2022 findet sich im WWF Magazin

Hier eine Wiedergabe in gekürzter Form:

Können wir überhaupt noch mehr Energie sparen?

Wir verschwenden in der Schweiz ein Drittel des täglichen Stromverbrauchs zufolge schlecht isolierter Häuser, Stand-by-Modus der Elektrogeräte, alter Kühlschränke etc. Dieses Drittel könnten wir einsparen. Die günstigste und umweltfreundlichste Energie ist immer jene, die wir nicht produzieren müssen.

 Schädigen Solaranlagen unsere Umwelt?

Solaranlagen sind umweltfreundlich. Solarmodule enthalten geringe Mengen an schädlichen Substanzen wie Blei. Defekte Module lassen sich recyceln; das Glas, 85% des Gesamtgewichts, wird für die Herstellung von Flachglas oder von Glaswolle als Dämmmaterial aufbereitet; die Metalle, rund 10 % des Gewichts, werden aufgetrennt und für Metallhütten aufbereitet. Die Energie- und Klimabilanz zeigt: Alle Emissionen aus Herstellung, Transport und Entsorgung der Module betragen nur 35-65 Gramm CO2 pro erzeugte Kilowattstunde Strom. Ein neues Gaskraftwerk kommt dagegen auf 380g CO2 pro kWh. Eine Solaranlage liefert während ihrer Lebensdauer 15-20 mal mehr Energie, als ihre Herstellung benötigt.

Sind E-Autos wirklich umweltfreundlich?

Über den ganzen Lebenszyklus (Produktion, Nutzung, Recycling) gesehen, schneiden E-Autos deutlich besser ab als Benzin- und Dieselschlucker. Ein Elektroantrieb benötigt deutlich weniger Energie als ein Verbrennungsmotor. Im Gegensatz zum sauberen Strom belasten Benzin und Diesel die Umwelt mit sehr hohen CO2-Emissionen und Umweltschäden bei Erdöl-Förderung, -Raffinierung und -Transport. Der grosse Umweltfussabdruck bei der Herstellung der E-Auto-Batterien (Gewinnung von Rohstoffen wie Kobalt, Lithium und Kupfer) wird durch den umweltfreundlicheren Betrieb deutlich überkompensiert. Zur Begrenzung des Verbrauchs an Rohstoffen werden in der Schweiz die E-Auto-Batterien zunehmend recycelt. Dennoch, das Mobilverhalten muss sich wandeln: Anstelle von Stau, Lärm, Verkehrsunfällen, Landschaftsverbrauch und Bodenversiegelung sind kürzere Arbeitswege, Carsharing, Vorfahrt für Fussgänger, Velofahrerinnen und öffentlicher Verkehr sowie emissionsfreie Antriebe für alle Verkehrsmittel erforderlich.

Können erneuerbare Energien unseren Strombedarf decken? Ja, das ist gut machbar, selbst wenn der Stromverbrauch noch steigt. Solaranlagen könnten einen Grossteil des Stroms liefern, den die Schweiz zufolge Ausstiegs aus Atomkraft, Öl und Gas benötigt. Laut Berechnung des Bundesamtes für Energie liegt das Solarstrom-Potenzial allein auf Schweizer Gebäuden bei jährlich 67 Milliarden kWh. Dies entspräche 110% des heutigen Stromverbrauchs. In Kombination von Solarenergie mit den weiteren einheimischen erneuerbaren Energien wie der bestehenden Wasserkraft, Windkraft, Biomasse und künftig Geothermie, können wir unseren Strombedarf decken.

Geht die Energiewende nicht auf Kosten der Natur?

Das müssen wir unbedingt vermeiden. Wenn wir die meisten Dächer, Fassaden, Infrastrukturen wie Lärmschutzwände, Mittelstreifen von Autobahnen und Parkplätze für Solaranlagen brauchen, decken wir damit einen rechten Teil des künftigen Strombedarfs ab, ohne zusätzlichen Eingriff in die Natur. Bei den Windenergieanlagen sieht der WWF zusammen mit anderen Umweltorganisationen in der Schweiz ein Potenzial von rund 400 Anlagen, selbstverständlich unter Berücksichtigung strikter Umweltkriterien wie dem Schutz von Vögeln und Fledermäusen. Die Wasserkraft hingegen ist ausgeschöpft. Es lassen sich damit nicht mehr als 56% des Schweizer Strombedarfs abdecken. 90% der Bäche und Flüsse sind bereits heute stark beeinträchtigt, insbesondere auch durch die Stromproduktion. Die bestehenden Werke müssen saniert und der Wasserkraftstrom ökologischer werden. Neue Wasserkraftwerke bedrohen die letzten wertvollen Naturgebiete. Kleinkraftwerke bringen nichts, sie zerstören viel Natur und produzieren wenig Strom. Der WWF ist überzeugt, dass die Energiewende auch bei konsequentem Naturschutz gelingt.

Brauchen wir Gas als Übergangsenergie?

Erdgas ist eine fossile Energiequelle und damit auch als Übergangslösung keine Alternative. Bei der Verbrennung von Gas entsteht das Treibhausgas CO2. Gelangt es in Form von Methan direkt in die Atmosphäre, ist es noch viel schädlicher, denn Methan hat ein deutlich höheres Treibhausgaspotenzial als CO2. Erdgas muss im Boden bleiben und die Schweiz muss vor 2040 aufhören, Erdgas zu verbrennen. Einheimisches Biogas ist keine Lösung, es kann höchstens 10% des heutigen Absatzes von fossilem Erdgas ersetzen. WWF setzt vor allem auf Strom und Umweltwärme (Wärmepumpen), Energiesparen und synthetisch erzeugte erneuerbare Gase.

 Schützt die Atomkraft unser Klima?

Trotz der relativ tiefen Treibhausgasemissionen ist Atomkraft alles andere als eine nachhaltige Energiequelle. Der Uran-Abbau zerstört die Umwelt. Unfälle (Fukushima, Tschernobyl) sind für Mensch und Natur verheerend; ein Unfall in der Schweiz könnte grosse Teile des Landes unbewohnbar machen. Für den Atommüll hat die Atomindustrie auch nach 70 Jahren noch keine Lösung gefunden. Wirtschaftlich führt uns die Atomkraft in eine höchst gefährliche Sackgasse; der Bau neuer Werke und die Nachrüstung alter Atomkraftwerke wird immer teurer, die Stromrechnungen höher und höher.

 

(Autorin Eva Frefel)