Der Klimawandel und seine Folgen


Wir alle wissen, dass im Laufe eines Jahrhunderts die menschengemachte Erderwärmung zur Bedrohung geworden ist. Die Pariser Klimaziele sollen diese Erwärmung auf höchstens 1 - 2 Grad beschränken. Der C02-Ausstoss insbesondere soll reduziert und bis zum  "Netto Null"- Ziel geführt wrden.

Doch was bedeutet das im einzelnen für die vielen betroffenen Länder, für die Wirtschaft, für die Menschen und für Fauna und Flora?

Da lohnt es sich, einmal genau hinzuschauen, was das alles bedeuten kann. Es gibt gut sichtbare negative Entwicklungen wie das Schmelzen der Gletscher; es kann sich aber auch Vieles für uns nicht direkt sichtbar in der Natur verändern, was dann weitere negative Entwiklungen auslösen kann, die wir jetzt noch nicht abschätzen können.

Wir zeigen deshab auf unserer Webseite, was das für Auswirkungen sein können. Wir verdanken die Zusammenstellung Herrn Uwe Scheibler. 

Uwe Scheibler wohnt in Wetzikon. Er ist Aktuar beim Naturschutzverein Wetzikon-Seegräben. 

Stichworte zum Autor:

  • Jahrgang 1957
  • Landschaftsgärtner
  • Dipl.Ing. Landschaftsplaner TU
  • a.o.Professor für Umweltpolitik und Umweltplanung (2007-2016)
  • Senior Scientist Permaculture
  • Ehrenpräsident BirdLife Zürich

Sie finden die Darstellungen auch im Kiebitz Nr. 119, September 2023


Was wird sich im Allgemeinen gemäss den wissenschaftlichen Prognosen in den kommenden Jahrzehnten ändern?

 
Niederschlagsmengen: Die Jahresmenge bleibt zwar mehr oder weniger gleich, aber die zeitliche Verteilung ändert sich. Es wird mehr Trockenperioden im Frühling und Sommer geben und der Niederschlag im Winterhalbjahr wird vermehrt als Regen fallen. Starkniederschläge (Wolkenbrüche) nehmen zu, der klassische Landregen nimmt ab.
Verdunstung: Durch die stetige Erwärmung nimmt die Verdunstung deutlich zu, dem Boden und der Vegetation - und damit auch den landwirtschaftlichen Kulturen - steht deshalb weniger Wasser zur Verfügung.
Gletscher und Schnee: Bis 2060 sind die Gletscher abgeschmolzen und werden deshalb im Sommer kein Schmelzwasser mehr liefern. Die Gletscherfauna der Alpen stirbt aus. Der Schnee-Anteil am Niederschlag nimmt ständig ab und ab 2050 wird unterhalb von T500 m.ü.M. kein Schnee mehr fallen. Entsprechend wird es auch in den Bächen und Flüssen aus den Alpen keine Frühlingshochwasser mehr geben und die wenigen, noch vorhandenen Auen verlieren die nötige Dynamik. Die sowieso schon stark bedrohten Arten in diesen Lebensräumen werden wahrscheinlich ganz verschwinden.

Seen: Wegen der Erwärmung findet die übliche Durchmischung des Seewassers im Frühling und im Herbst nur noch teilweise statt und die unteren Schichten werden sauerstoffarm. Der Lebensraum vieler Fischarten nimmt ab.

Bäche und Flüsse im Mittelland: Im Sommer und Herbst werden Niedrigstwasserstände zunehmen und ab 2050 die Regel werden, der Verschmutzungsgrad steigt. Noch laufende Atomkraftwerke können zeitweise nicht mehr gekühlt werden, die Agrarwirtschaft kann kein Wasser mehr für die Bewässerung von Wiesen und Kulturen entnehmen, zahlreiche Wasserkraftwerke müssen den Betrieb immer wieder einschränken und die Trinkwassergewinnung wird aufwendiger. Das Wasser wird so warm und sauerstoffarm, dass die Bestände vieler Pflanzen- und Tierarten in ganzen Fliessgewässersystemen erlöschen.

Grundwasser: Die Pegel sinken tendenziell, die Verschmutzung nimmt zu. Fassungen für Trinkwasser müssen aufgegeben werden und die Trinkwassergewinnung wird aufwendiger.

Wasserkraft: Durch die Ableitung zahlreicher Gewässer in zentrale Stauseen trocknen die betroffenen Täler immer mehr aus und regionale Wasserkreisläufe verschwinden.

Gesundheit: Das Klima wird belastender für alle, besonders aber für Kleinkinder, Kranke und alte Leute. Bisher nur in südlicheren bis tropischen Regionen bekannte Krankheiten werden zunehmend auch bei uns auftreten. Die Kosten im Gesundheitswesen werden deswegen ansteigen. Das gilt auch für unsere Haus­ und Nutztiere.

Energiewirtschaft: Für Heizung wird weniger, für Kühlungszwecke mehr Energie gebraucht. Die Wasserkraft sowie wassergekühlte AKW werden weniger Energie liefern können und an Bedeutung verlieren.

Landwirtschaft: Das Wetter wird unberechenbarer, häufigere Ernteverluste sind absehbar, Pilzkrankheiten treten stärker auf, der Bedarf an Bewässerung steigt.

Die Erträge werden eher sinken.

Wälder: Langfristig werden die Fichte und die Buche ihre Dominanz verlieren und nur noch auf den besten Böden gut wachsen. Auch die Bodenpilze reagieren empfindlich auf längere Trockenzeiten. Vermehrt werden neue Schädlinge und Waldbrände auftreten. Diese „Störungen“ könnten die Biodiversität mittelfristig erhöhen. Trockenheitsverträglichere Arten wie z.B. Eichen und Feldahorn können höhere Anteile erreichen.

Feuchtgebiete: Moore, Riedgebiete, Feuchtwiesen, Uferbereiche und Auenwälder sind die Schwämme in unserer Landschaft. Allerdings wurden über 90 % dieser Flächen in den vergangenen 150 Jahren trockengelegt, dann zuerst landwirtschaftlich genutzt und anschliessend oft sogar für Siedlung+Verkehr vollständig versiegelt. Die regionalen Wasserkreisläufe sind dadurch erheblich verändert worden und unsere Landschaft ist gegenüber Trockenphasen viel empfindlicher geworden.

Biodiversität: Alle einheimischen Arten, die in wassergeprägten Ökosystemen leben, sind durch die längeren Trockenphasen, aber auch durch die Stark­niederschläge zunehmend gefährdet. Ebenso alle Arten, welche in einer Lebens­phase auf kühle Temperaturen angewiesen sind, insbesondere Fische und Krebse, aber auch zum Beispiel zahlreiche Libellenlarven. Arten der warmen und heissen Lebensräume können sich hingegen ausbreiten und grössere Populationen entwickeln. Dazu kommen ständig neu einwandernde Arten auswärmeren Klimaregionen. Dadurch werden die Konkurrenzverhältnisse massiv verschoben und viele Arten werden hierzulande aussterben. Über fünf bis zehn Jahrzehnte hinweg dürfte sich auch die Zusammensetzung der Gehölzarten in unseren Wäldern hin zu trockenheitsresistenteren Arten verändern.In zwei Landschaftstypen sind die Auswirkungen des neuen Wasserhaushalts überproportional spürbar, in den Alpen und in den Städten. Hier geht es deshalb im Folgenden nun um die Frage, was wir neben der Verringerung des Treibhausgas-Ausstosses in unseren Siedlungen tun können, um die negativen Auswirkungen so gut wie möglich abzufedern.


 

So gehts auf dem direkten Weg zur Hitze-Insel!. Die Situation könnte aber auch bei nächster Gelegenheit in grünes und begrüntes Gebiet umgestaltet werden.

(Foto US, 28.6.2023) 

 

 

Gut gemeint , aber untauglich.
"Bäumli im Chübeli" zeigen nur die Unwirksamkeit von
Alibi-Übungen
(Foto US, 5.6.2023)


Am Beispiel der Stadt Wetzikon sind die aktuellen Tendenzen und die möglichen Verbesserungsmassnahmen zusammengefasst und stichwortartig dargestellt.


 

 

Lendenbach im Stadrandgebiet mit begradigtem Lauf, abgesenkter Sohle und fehlenden Uferbereichen, ein degradiertes Fliessgewässer. Das Potential für eine Renaturierung ist aber immer noch vorhanden.

(Foto: US, 05.10.2021)

 

Bereich

Aktuelle Tendenz

Mögliche Massnahmen

Gärten

Gärten werden immer kleiner, es können - auch wegen der Grenz­abstände - immer weniger Bäume gepflanzt werden, Kiesflächen nehmen zu

Gemeinsam genutzte Gärten mit unterschiedlichen Eigentümern, naturnahe Gestaltung, möglichst viele Gehölze

Gebäude

Energie- und Materialintensive Bauweisen, die meist nicht be­grünt sind, zunehmender Pro- Person-Wohnflächenanspruch, Ersatzneubauten wegen höherer Kapitalrendite

Intelligente Wohnformen mit ge­meinsamen Nutzungsteilen, mo­dulare Bauweise, Umnutzung des Bestands

Verkehr

Verkehrsfläche nimmt weiter zu

Veränderung des ModalSplits in Richtung Langsamverkehr (Fussverkehr und Velo) plus ÖV und entsprechend Rekultivierung be­stehender Verkehrsflächen

Aussenbereiche

Meist mit versiegelten Oberflächen

Versiegelung nur nach tatsächlichem technischen Bedarf

Stadtbäume

Abnehmender Bestand, v.a. von älteren und grossen Bäumen

Systematische „Aufforstung“ und Anlegen von kleinen Stadtwäldern, Baumpflanz-Kampagnen


In der Summe ist festzustellen, dass sich das Stadtsystem Wetzikon insgesamt nach wie vor in Richtung einer trokeneren und wärmeren Siedlung bewegt, der Effekt einer Hitze-Insel nimmt zu und die Lebensqualität ab. Allerdings sind auch grosse Potentiale für Verbesserungen vorhanden, sie müssten nur genutzt werden.
Abbildung: 
Gut 15 Jahre alte Pfanzinsel mit allen möglichen Fehlern, nämlich zu klein, zu wenig tiefe Pflanzgrube und zu isoliert. Kein Wunder, wenn sich da seit Jahren nichts mehr bewegt und die Eschen nur als Deko-Bäumchen herumstehen.
(Foto US, 11.7.2023)


Im antiken Rom standen den gut 1 Million Stadtbewohnern jeden Tag durchschnittlich etwa 400 I Frischwasser zur Verfügung. Das ist etwas mehr, als ein Wetziker Einwohner 1980 durchschnittlich verbrauchte. Trotz unserer vermeintlich hochentwickelten Zivilisationstechnik ist der Vorsprung beim urbanen Wasserhaushalt den römischen Ingenieuren von vor 2’000 Jahren gegenüber noch sehr bescheiden

Unsere Abhängigkeit vom Seewasser nimmt zu, d.h. dass die Quellen im Allmengebiet und die Grundwasserfassungen einen immer kleineren Anteil liefern. Im Hitzesommer 2018 musste zum ersten Mal die Maximalmenge von 8’400 m3 an einem Tag bezogen werden. Auf die Fassung Binzacker muss wegen zunehmender Verschmutzung per Ende 2028 auch verzichtet werden. Die Grafik auf der Seite 11 zeigt deutlich, dass sogar bei einem sinkenden Pro-Person- Verbrauch um immerhin 20 % der Gesamtbedarf bei einer um 40 % gestiegenen Bevölkerung um fast 20 % zunimmt.

Wir werden uns also darüber Gedanken machen müssen, wie viele Menschen sich langfristig in unserer Gemeinde, in unserer Region mit einer guten Lebensqualität aufhalten können.